SH-Journal April 2017
Gleich drei Namen stehen auf dem
Klingelschild der Wohnung im
vierten Stock des Gerüstbauerrings
23. Hier ist seit Sommer 2015 eine
der außergewöhnlichsten Wohnge-
meinschaften der WGSH zuhause:
eine betreute Frauengruppe des
Integrativen Treffs Rostock. Dessen
Ziel ist es, Menschen mit geistiger
und körperlicher Behinderung ein
selbstständiges Leben zu ermög-
lichen, und beim Trio in Groß Klein
sieht man, wie gut das funktioniert:
Die Frauen teilen sich eine Vier-
raumwohnung, kümmern sich ge-
meinsam um den Haushalt, jede um
ihr eigenes Zimmer. Die Wohnung
sieht aus wie nagelneu, alles ist
blitzsauber und überaus gepflegt.
„Wir fühlen uns hier wohl und kom-
men gut klar und passen selbst auf
alles auf“, bestätigt Monika Karos-
ke (55). „Am Freitag ist Putztag, da
teile ich mir die Arbeit mit Moni“,
erzählt Carola Schmalz (50).
Betreute Selbstständigkeit
Beide Frauen hatten zuvor bei ihrer
Mutter gelebt, bis diese selbst pfle-
gebedürftig wurden. Nun führen
sie also ihren eigenen Haushalt
und arbeiten – ebenso wie Kathrin
Bruß (47), die Dritte im Bunde – in
einer DRK-Werkstatt. Auch in ihrer
Freizeit sind die Frauen selbst-
bestimmt aktiv: Monika Karoske
geht regelmäßig zum Schwimmen
und zum Trommeln, Kathrin Bruß
liebt ihre Ruhe und Urlaubsfahrten.
Am Wochenende sind die Frauen
häufig unterwegs, besuchen ihre
Partner, machen Gruppenausflüge,
hin und wieder kommen Gäste.
Bei allem, was sie im Alltag nicht
allein bewältigen können, helfen ih-
nen Antje Griese (Diplom-Pädago-
gin) und Jana Nickoleit (Sozialthe-
rapeutin und Ernährungsberaterin)
vom Integrativen Treff: bei Arzt-
und Amtsbesuchen, Schriftverkehr,
Bankgeschäften, Terminvereinba-
rungen, mit technischen Geräten,
beim wöchentlichen Großeinkauf.
Sie schauen mindestens drei, vier
Mal pro Woche vorbei, telefonie-
ren täglich mit den Frauen. „Oft
kommen sie nach der Arbeit auch
in unsere 5-er WG, das Zentrum un-
seres Treffs“, erzählt Jana Nicko-
leit. Hier wird zusammen gekocht,
gegessen, Geburtstag, Weihnach-
ten und Silvester gefeiert.
Ruhe und familiäre
Atmosphäre
Finanziert wird das betreute
Wohnen durch Grundsicherung,
Erwerbsminderungsrente und dem
Werkstatteinkommen der Frauen.
Die zentrale 5-er WG des Treffs
bietet den Einstieg ins eigenstän-
dige Wohnen – eigentlich: „Diese
WG war auf Durchlauf konzipiert,
wo Dinge gelernt werden, die man
braucht, bevor man in eine kleinere
WG oder in die eigene Wohnung
zieht“, erklärt Antje Griese. „Jetzt
Integrativer Treff
»Wir kommen gut klar und
passen auf alles auf«
Zu Besuch in einer ungewöhnlichen Wohngemeinschaft
MAGAZIN
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